Krisenbewältigung in unsicheren Zeiten
• Sowohl im Arbeitsalltag als auch im Privatleben Ihrer Mitarbeitenden kann es zu Situationen kommen, in denen Sie als Führungskraft nicht mehr nur „Chef“ sein müssen. Es gibt Momente, in denen Sie neben Ihren eigentlichen Aufgaben als Führungskraft auch zwischenmenschlich, sei es als Therapeut*in oder Krisenmanager*in, tätig werden sollten. Schaffen Sie eine Arbeitsatmosphäre, in der Ihre Mitarbeitenden dazu befähigt sind, sich auch am Arbeitsplatz emotionale Unterstützung einzuholen. Vor allem in unsicheren Zeiten, wie der Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krise ist eine Fähigkeit zur Krisenbewältigung von besonderer Bedeutung. Als Führungskraft ist es wichtig Ihre Mitarbeitenden emotional einzufangen und sie nicht allein zu lassen mit eventuellen Ängsten und Sorgen.

Welche Arten von Krisen gibt es?
Um sich auf Krisen und deren Folgen adäquat vorbereiten zu können, sollten Sie als Führungskraft einen gewissen Überblick darüber haben, welche Arten von Krisen existieren.
Lebensverändernde Krisen sind Krisen, bei denen ein kritischer Zustand erst nach längerer Zeit eintritt. So schaffen es Betroffene nach mehreren gescheiterten Bewältigungsversuchen nicht mehr, durch die Krise entstandene Anspannung abzubauen. Dadurch sind sie oft sehr erschöpft. Das Zusammenspiel zwischen der durch die Krise ausgelösten emotionalen Instabilität und dem Gefühl des Scheiterns aufgrund erfolgloser Bewältigungsstrategien kann dazu führen, dass sich Ihre Mitarbeitenden als Versager*in oder als Opfer wahrnehmen. Das hat wiederum negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden und kann sich ebenfalls negativ auf die Arbeitsmoral und die Arbeitsqualität Ihrer Mitarbeitenden auswirken.
Lebensverändernde Krisen im Berufsalltag können sowohl sozialer als auch biologischer Natur sein. Zu den sozialen lebensverändernden Krisen zählen bspw. der Jobverlust, Berentung, Insolvenz oder eine Arbeitsplatzverlegung. Zu den biologischen lebensverändernden Krisen zählen bspw. Krankheit oder körperliche wie geistige Behinderungen.
Neben den länger andauernden, sich entwickelnden lebensverändernden Krisen gibt es die situativen Krisen. Diese sind definiert durch einen meist unvorhersehbar eintretenden Schicksalsschlag, welcher eine sogenannte Schockreaktion auslöst. Eine solche Schockreaktion kann abhängig von der jeweiligen Situation nur einen Moment bis zu mehreren Tagen andauern. Auf eine Schockreaktion folgt eine Reaktionsphase, in der Betroffene bis zu Monaten in einer emotionalen Instabilität verharren können, die schwerwiegende körperliche Reaktionen (bspw. emotionale Ausbrüche und Leere, extreme körperliche Unruhe oder Burn-Out-Symptome) hervorrufen kann.
Zu situativen Krisen zählen bspw. die Erfahrung von Gewalt, eine Diagnose oder Verlusterfahrungen durch Kündigung, Trennung oder Tod
Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Methoden zur Krisenbewältigung für Ihre Mitarbeitenden vor, bei deren Beherzigung die Ängste und Sorgen zumindest ein Stück weit abgefangen werden können.
Der 5-Punkte-Plan zur individuellen Krisenbewältigung
- Akzeptanz
- Sie müssen lernen eine Krisensituation so zu akzeptieren, wie sie ist: Kein Schönreden oder Verleugnen der Situation! Erst dann schaffen Sie es Verantwortung zu übernehmen woraus sich etwas verändern kann.
- Körperliche Entspannung und Bewegung
- Stress führt häufig zu körperlicher Verspannung, welche wiederum das Stressempfinden einer betroffenen Person steigern kann. Lernen Sie sich körperlich ausreichend zu bewegen und zu entspannen, bspw. mithilfe von autogenem Training oder Progressiver Muskelentspannung. So können Sie zur Krisenbewältigung ein entspanntes Körpergefühl in Krisensituationen hervorrufen und den persönlichen Stressabbau voranbringen.
- Mehr Objektivität als Subjektivität
- Die Wahrnehmung einer Krisensituation wird meist verschlimmert, sobald eine subjektive Kausalität hergestellt wird. Bei persönlichen Themen mag dies schwieriger sein, aber es ist wichtig Krisen so objektiv zu betrachten wie möglich. Erst der emotionale Abstand zur Situation ermöglicht das Entstehen neuer Perspektiven und ein lösungsorientiertes Denken. Helfen kann hierbei das Niederschreiben der eigenen Gedanken und Sorgen oder das Anvertrauen an Freunde und Bekannte.
- In die Aktion kommen
- Im Umgang mit und der Bewältigung von Krisensituationen sind die Stagnation und Prokrastination der größte Feind! Durch Handeln und zukunftsgerichtetes Denken kommen Sie möglicherweise der Lösung Ihres Problems näher und lenken sich im besten Falle praktischerweise von Ängsten und Sorgen ab.
- Alle Gefühle annehmen und akzeptieren
- In Krisensituationen erleben Betroffene häufig ein weites Spektrum an Gefühlen. Diese fallen meist negativ aus und werden zum Großteil verdrängt. Um eine Krise zu bewältigen ist es allerdings von übergeordneter Bedeutung, alle Gefühle zu durchleben, auch die, bei denen es schwer fällt sie auszuhalten. Im schlimmsten Fall können sich Betroffene von ihren Gefühlen abspalten und sind infolgedessen ihren Emotionen frei ausgeliefert. Betroffene sollten daher immer versuchen ihre Gefühle zuzulassen und zu akzeptieren. Hilfreich ist es, sich seine eigenen Emotionen aus der Beobachterperspektive anzuschauen und nicht zu bewerten.
Aufmerksamkeit verlagern
Die 5-Sinne-Übung stellt eine ideale Maßnahme zur Krisenbewältigung und Stressminderung bei akuten Stresssituationen dar. Im Arbeitsalltag kann es zu Situationen kommen in denen Mitarbeitende starkem akutem Stress ausgesetzt sind, bspw. beim Erhalt von schlechten Nachrichten wie einer Kündigung oder privaten negativen Neuigkeiten. In solchen Fällen kann es passieren, dass Betroffene eine starke körperliche Reaktion zeigen, in der der Spannungszustand so gravierend ist, dass sich die Personen nicht mehr selbst beruhigen können. Um die Atmosphäre am Arbeitsplatz und die Gesundheit der Betroffenen zu schützen, kann die 5-Sinne-Übung eine kurzfristige Hilfestellung liefern. Der Ablauf erfolgt folgendermaßen: die betroffene Person wird gebeten, mit ihren Sinnen Dinge zu erspüren und sich so vom eigentlichen Stressor abzulenken. Dabei soll sie benennen:
5 Dinge, die sie sehen kann
4 Dinge, die sie hören kann
3 Dinge, die sie riechen kann
2 Dinge, die sie fühlen kann
1 Sache, die sie schmecken kann
Die hier vorgestellten Methoden ersetzten keinesfalls professionelle Beratung und Unterstützung. Wenn Sie als Führungskraft oder Mitarbeitende bei sich selbst oder bei Ihren Kollg*innen psychische Beschwerden – auch unabhängig von erlebten Krisen – erkennen, wenden Sie sich an professionelle Beratungsstellen wie psychologische Ambulanzen oder Seelsorgeanbieter.